EIN LEBEN OHNE PUDEL

…ist möglich aber sinnlos. So ähnlich hat Loriot seinerzeit über Möpse gesprochen. Na ja, jedem seins…. In Bezug auf Pudel kann ich ihm aber nur zustimmen. Nachdem ich z.Zt. wieder allwöchentlich bei Bärbel zum Hundebabyknutschen erscheine, sind mir alle meine Pudel noch mal so Revue passiert:

Als erste erschien eine schwarze Standardpudelin in meinem Leben. Da war ich 12 und nach Jahren mühsamster Elternbearbeitung lag zu Weihnachten ein quitschendes Bündelchen unter dem Weihnachtsbaum. Das war ein Fest!!! Bündelchen wurde auf den Namen Blacky getauft, Papa hielt eine Rede zum Thema „Dieser Hund wird nicht verwöhnt“ und dann saßen wir alle beim Weihnachtsmahl. Hundchen, zu Herrchens Füßen, kassierte schmatzend die Blätterteigdeckelchen von der Königinpastete. Soviel zum Thema „Verwöhnung!“ Dann hatte sie Druck auf dem Bläschen und pieselte auf Muttis weißen Berber. Während ein weiteres Familienmitglied das Malheur mit einer roten Papierserviette von der gelben in eine rosa Schweinerei verwandelte, wurde Klein Blacky in den Garten gesetzt, wo sie prompt im kniehohen Schnee versank. Herrchen also im besten Festtagsanzug raus und im Garten eine Pinkelrinne für’s Hundefräulein geschaufelt.

Nach dem chaotischen Einstand wurde es ein Superhund. Schlau, verspielt, lieb, manierlich, pflegeleicht und überall hin mitnehmbar. Auto, Bus, Bahn, Restaurants, Hotels, alles kein Thema. Mit einer Handvoll Frolic ist sie mit auf 2000 Meter in den Tiroler Bergen  geklettert.

Ihr größtes Vergnügen war das Apportieren von Bällen und Gummiringen, das verscheuchen von Katzen und Kaninchen aus unserem großen Garten und lange Spaziergänge. Leider hatte sie auch ein große Freude am Wälzen in Kuhdung. Da mutierte unser Pudelchen zum Stinktier!!

Von einer üblen Gebärmuttervereiterung im Alter von zehn Jahren abgesehen, war dieser Hund nie ernsthaft krank. Als ich mit 29 heiratete und fort zog, taperte die alte Dame noch gemütlich durch ihren Garten. Ein halbes Jahr später ist sie dann an Krebs gestorben.

 

Danach hatte ich lange keinen Hund. Aber irgendwann einen Sohn und irgendwann haben wir zwei beschlossen, dass wir wieder einen Hund wollen. Im örtlichen Tierheim war nichts passendes für eine drei Zimmer Wohnung im 2. Stock . So’n großer Bello hätte da doch nicht hingehört. Nach Durchsicht der Kleinanzeigen saßen wir eines Tages im Wohnzimmer einer netten Familie vor einem Mischlingsgewusel. Ich führte tief schürfende Hundehaltungsdiskussionen mit dem Hundevater und konnte mich noch nicht wirklich entscheiden. Irgendwann deutete der sehr nette Herr dann in die Tiefen seines Wohnzimmers, wo mein Sohnemann auf einem Sofa vor der Fernsehkinderstunde saß. „Sehen Sie mal da, die Zwei haben sich doch schon gefunden“! Wer??? „Sohn, was hast Du denn da?“ Kind hält irgendwas im Arm, das an einem Ende wedelt und am anderen Ende sieht man eine rosa Zunge. Sonst sieht man vor lauter schwarzer Wolle nicht viel. „Mami, der ist prima, kann ich den behalten?“ „????“ Ich wende mich an den netten Hundevater und bitte um Aufklärung. Stellt sich raus, das arme Hascherl ist ein zugelaufener Findling und alle Nachforschungen sind ohne Ergebnis geblieben. Die Kleine steht also zur Adoption frei. Was ist es denn? Vielleicht ein Pudel, sicher ist er sich da nicht. Na ja, so wie sie im Augenblick aussieht könnte es auch ein Karakaulschaf sein oder Wischmob oder so…..Beim Stichwort „Pudel“ sind bei mir aber irgendwie alle Lampen angegangen. Das muss jetzt Schicksal sein. Also nehmen wir Wischmob mit nach Hause und Wischmob findet das toll. Während Sohn und Hund glücklich auf dem Sofa knutschen, hänge ich mich in die Gelben Seiten und such einen Hundefriseur. Also, es wurde dann eine Hundefriseurin und jetzt könnt Ihr, geschätzte Leser dieser Seiten, mal raten, wer das war.—Bärbel hat einen Pudel aus Wischmob gemacht und sogar ihre traurige Vorgeschichte aufgeklärt. Deli, so der Name von Wischmobpudel, war nämlich früher schon mal in Bärbels Hundestübchen gehübscht worden und Bärbel hatte noch die Telefonnummer der Besitzer. Ein Anruf dort und wir erfuhren, dass diese Familie die Pudelin weiterverkauft hatten. Die nächsten Besitzer konnten  nicht mehr gefunden werden. Diese müssen den Hund irgendwann ausgesetzt haben. So blieb eine Lücke von etwa einem Jahr in Delis Leben, die wir nicht füllen konnten. Jedenfalls kannten wir, Dank Miß Bärbel Marple, jetzt ihr Alter und den größten Teil ihrer Lebensumstände und waren auch sicher, dass niemand sie für sich beanspruchen würde. Ganz schnell hat sie sich eingelebt und die Herzen aller Hausbewohner gepudelt. Da ich bald nach ihrem Einzug wieder halbtags in einer psychotherapeutischen Praxis arbeitete, kam Deli selbstverständlich als Bürohund mit und thronte brav in ihrem Fenstersitz. Später wurde sie sogar zur Therapie von Hundephobikern eingesetzt. Dieser Hund war NUR lieb!

evas_hunde


 

Zur Schönheitspflege liefen wir regelmäßig bei Bärbel auf. Das ging so 6-7 Jahre und Deli wurde älter und grauer und hatte die ersten Alterswehwehchen. Und dann, eines schönen Tages meinte Bärbel, es sei an der Zeit, sich nach einer Nachfolge für die Kleine umzusehen.

Ein Leben ohne Pudel…..na ja, kennen wir schon. Es folgten noch jede Menge stichhaltige Argumente und während ich noch verdutzt über diese ganz neue Idee nachdachte, erschien Bärbel mit dem entzückendsten Black-und-Tan, den ich je gesehen habe, Fridolin. Er stand zur Adoption und mir würde sie ihn wohl geben. Auch ein Kompliment…Deli fand den jungen Hüpfer mit seinen 6 Monaten zwar ein bisschen anstrengend aber ganz nett. Nun konnte ich diese Schicksalsfrage aber nicht allein entscheiden, denn meine Kollegen in der Praxis mussten hier auch zustimmen. Ein Bürohund geht ja, aber zwei? Während Deli also in der Schönheitsbehandlung saß, fuhr ich mit Fridolin ins Büro und stellte die entscheidende

Frage: Wollt ihr oder….ach, ist der goldig!!!! Willkommen im Team.

Deli hat dann noch sehr professionell den Kleinen in seine Pflichten eingeführt, bevor sie sich

In den Hundehimmel verabschiedet hat.

 

Fridolin war ungefähr ein Jahr Einzelhund, da kam eines Tages ein Heiratsantrag von einer sehr hübschen schwarzen Zwergpudelin. Eins von vier Ergebnissen dieser Liäson war ein schwarzer Junge, den wir behalten wollten. Ein Leben mit zwei Pudeln macht halt zweimal soviel Sinn, nicht?! Tommy und sein Papa waren ein Superteam. Ich kann gar nicht mehr sagen wie viele Kinder aus der Nachbarschaft mit einem der Beiden an der Leine das Laufen gelernt haben. Und Hundesitter hatte ich immer genug, wenn ich mal einen brauchte. Fridolin war ein kleiner Philosoph, etwas phlegmatisch, sehr anpassungsfähig und ganz pflegeleicht. Tommy arbeitete vom ersten Tag an mit Dramablick, dem niemand widerstehen konnte. Und er singt, wie ein sterbender Schwan, bis er kriegt was er will. Und dann dreht er auf und wird albern,dass die Sofakissen fliegen. Bis heute. Inzwischen ist er 16 Jahre alt. Wir sind uns nicht sicher, ob er so alt wie sein Papa werden will. Fridolin ist mit über 17 Jahren gestorben.

 

Nachdem die Idee mit dem Zweitpudel einmal in der Familie war, haben wir auch beizeiten über einen Fridolinnachfolger nachgedacht. So erschien vor drei Jahren unsere kleine Lachnummer : Odin, ein Harlekin aus Bärbels Händen natürlich, ein sehr kleiner Hund mit einem sehr gewaltigen Namen und einem Stimmvolumen, dass jeder Wagnersängerin zur Ehre gereichen würde. Eines Tages werden die Fensterscheiben splittern, da wette ich drauf!

Was für ein lustiger Floh! Wie man so viel Spaß mit einem trockenen Blatt haben kann….Wenn er mit sich allein im Garten rumsaust, bleiben die Leute am Zaun stehen und gucken ihm zu. Er muss jetzt meist alleine sausen, denn Tommy hat’s inzwischen lieber langsam und schont die alten Knochen und sein Herz. Der Dramablick funktioniert noch, der Rest wird weniger……lieber nicht dran denken!

Jedenfalls wird er noch seinen Nachfolger einarbeiten können, Canelo, ein kleines, rundbäuchiges, zimtfarbenes Pudelbaby. Oh Himmel, nach langer Zeit mal wieder ein Baby mit Stubentraining, raus-aus-dem-Bett-mitten –in-der-Nacht und was noch so alles dazu gehört. Na, mit Hilfe der beiden „Großen“ wird er’s schon fix kapieren. Und dann hat Odin auch bald wieder einen Spielkameraden. Die Anderen sitzen dann gemütlich beisammen auf einer Hundehimmelwolke und schauen dabei zu. So ist das im Leben. Einer kommt, einer geht. Auch bei Pudels….

Eva Kolarz